Die Brennerbande, Teil 22


Es war der Vormittag des nächsten Tages. Wie es der Zufall so wollte, war es Sonntag und nicht nur irgendein Sonntag, sondern der Tag des großen Rennens nach HaRef. Zumindest hieß das Rennen so, obwohl die Reiter nicht wirklich bis zum Schloß ritten, sondern auf einem Gelände, dass der König großzügig zur Verfügung stellte, wendeten, um die Strecke wieder zurück zu reiten. Die Feldtraßer beobachteten, wie die meisten jungen Männer, das Rennen normalerweise an einer Stelle kurz vor dem Wendepunkt, wo das Chaos der einander entgegenkommenden Jockeys immer wieder für Scharmützel, Stürze und schlichte Unfälle sorgte. Ein viel besserer Platz als die Start- und Ziellinie, da waren sich alle einig (ein Thema, über das man nicht mal mit den Brennern streiten konnte).

Aber Vilets Worte waren sehr deutlich gewesen: "Ich weiß nicht, wer es ist," hatte sie gesagt, "aber ihr müßt am Start nach einem dicken Mann mit einem Dampfarm suchen. Er wird euch helfen." Dann hatte sie sie angesehen und etwas unsicher gefragt: "Ihr wißt, wo der Start ist? An der Universität?"

Natürlich wußten sie, wo der Start war, obwohl sie dort eigntlich nie hinkamen.

Das Rennen begann nach dem Sonntäglichen Gottesdienst. Alle gingen in den Tempel. Es gehörte sich, auch wenn es etwas langweilig war. Sie waren schließlich gläubige Anhänger Hetrados. Wie bei anderen großen Veranstaltungen strömten die Menschen (und Nichtmenschen) sehr eilig auch an diesem Tag anschließend aus den Tempeln, um sich gute Plätze an der Rennstrecke zu sichern.

Auf dem Platz vor der Universität drängten sich die Menschen zwischen Absperrungen und Gebäuden. Ein kleiner Pfad war freigehalten, über den die Teilnehmer herangeführt werden sollten. Es war schwierig einzelne Köpfe zu erkennen, geschweige denn einen Dampfarm oder den Leibesumfang eines Mannes. Einige Bertis hielten die Tolkühnsten davon ab, die Absperrung zu übersteigen. Aber eigentlich waren die wenigen Mitglieder der Metrowacht, die für diesen Ort eingeteilt worden waren, vollkommen überstrapaziert und wirkten ungewöhnlich barsch an diesem Tag

"Verdammt, warum hat keiner d'ran gedacht, dass es so voll hier ist." Skimirs Fluchen ließ einige Passanten die Köpfe drehen.

"Psst, du kannst doch nicht fluchen gleich nach dem Tempelbesuch." Man merkte Malandro an, dass er nicht jeden Tag in einer Fabrik arbeitete.

"Is doch wahr! Wie soll man da einen finden?" Unwillkürlich blickten alle nach oben, zu den Dächern und Giebeln der alten Häuser. Dachklettern war, als sie noch Hosenschisser waren, ein beliebter Sport gewesen, bei dem allerdings auch mehr als ein Junge sein Leben verloren hatte. Die Dächer in der Altstadt waren, mit ihren vielen Winkeln und Terassen, das beste Gelände dafür. Allerdings waren die dortigen Banden auch sehr darauf bedacht, die Kinder aus der Aussenstadt von ihrem Grund zu verscheuchen. Das schwierigste war aber eigentlich nicht das Klettern auf dem Dach, sondern der Weg hinauf.

Skimir nickte den anderen zu und lief auf die Rückseite des Gebäudes. Enge Gassen dienten meist auch als Leger und wie er vermutet hatte, fand er ettliche Kisten und Tonnen, die ihm den Aufstieg erleichterten.



Die Kinder aus der Feldstrasse